Auszug aus dem Fotoband 3.360 Meter Kaiserdamm (Herausgeber: Wolfgang Philipp, Kooperation: Das Fotobuch entstand in Kooperation mit der Kaiserdamm IG und visit berlin, Fotografen: © Wolfgang Philipp, Wolfgang Gläser und Norbert Thiel)
Es werden die besonderen Qualitäten am Kaiserdamm portraitiert: die vielfältige und einzigartige Mischung von Inhaber geführten Geschäften, Handwerks- und Dienstleistungsbetrieben, Schneidereien, Hotels, Gaststätten und Restaurants, Neuansiedlungen großer Firmen, wie BMW, sowie die Menschen, die hier arbeiten und leben. Der Kaiserdamm steht heute für eine gute wohnungsnahe Versorgung mit überregionaler Ausstrahlung, gute Beratung und Service– und trotzt damit (noch) dem Online-Handel.
Das Fotobuch portraitiert den Kaiserdamm auch als hervorragend angebundenen, großstädtischen Verkehrsknotenpunkt mit S-und U-Bahnlinien, Fernbahn- und Autobahnschluss. Auch die Kehrseite dieser Qualität wird sichtbar: die hohe Verkehrsbelastung auf dem Kaiserdamm als Verbindungsstraße von der Autobahn in das nur etwa 7 km entfernte Zentrum Berlins mit dem Pariser Platz und Regierungsviertel. Die Autobahn 100 sowie S- und Fernbahngleise stellen eine trennende Schneise an der Kaiserdammbrücke dar. In der „Schlucht“ unter der Kaiserdammbrücke findet sich immerhin „Freiraum“ für Graffitikünstler. Auch in der Dunkelheit tost der Verkehr über den Kaiserdamm, wie die vom Dach des Polizeigebäudes am Kaiserdamm 1 geschossenen Fotos zeigen. Einer der Fotografen hat U-Bahnzugführer in der Führerkabine begleitet und die Kaiserdammbrücke von dort aus festgehalten.
Der Kaiserdamm wird am 1. November 2016 einhundertzehn Jahre und schaut auf eine wechselvolle Geschichte zurück. Vom einstigen Sandweg am Lietzensee entwickelt er sich ab 1906 in eine Prachtstraße mit repräsentativen Häusern, großzügigen Wohnungen, breiten Gehwegen und angrenzendem Lietzenseepark. Die Architekten Conrad Heidenreich und Paul Michel nahmen Einfluss auf die Entwicklung am Kaiserdamm. Viele repräsentative Gebäude und Hauseingänge in der Gründerzeit, so die Wohn- und Geschäftshäuser Nr. 26, 27 und 28 der beiden Architekten prägen bis heute das Stadtbild. Dazu gehört auch das prächtige Wohn- und Geschäftshaus im Neorenaissancestil am Kaiserdamm 118, das 1907/08 von Architekt Hermann Heider erbaut wurde. Bereits 1928/29 realisierte der Architekt Hans Scharoun ein Appartementhaus für Singles im Stil des Neuen Bauens am Kaiserdamm 25/25a – heute eine Ikone der Moderne. Der Architekt Albert Speer plante im Dritten Reich, den Kaiserdamm als Paradestraße auszubauen – glücklicherweise blieb die Straße davon weitgehend verschont. Die das Stadtbild prägenden Straßenlampen von Speer im Stil des Art Deco zeugen noch heute davon. Kriegszerstörung und Wiederaufbau veränderten das Stadtbild am Kaiserdamm. Nach dem Krieg entschied man sich für einen Wiederaufbau mit moderner zeitgemäßer Architektur der 1950iger und 60iger Jahre. Diese Gebäude und das von 1969 bis 1970 von dem Architekten Robert Tepez gebaute Fernsehzentrum am Kaiserdamm 80/81 nahe des Theodor-Heuss-Platzes, sowie die in den 1980iger, 1990iger Jahren und später entstandenen Gebäude bestimmen bis heute mit das Erscheinungsbild vom Kaiserdamm. Manche eingeschossigen Bauten aus den frühen Nachkriegsjahren – so an der Witzlebenstraße - werden erst heute durch mehrgeschossige, den Straßenraum fassende Wohn- und Geschäftshäuser wieder ersetzt. Das heutige Straßen- und Stadtbild spiegelt die ereignisreiche Geschichte am Kaiserdamm wider.
Aufgrund der zentralen Lage zum Messestandort, Funkturm und Busbahnhof, ist der Kaiserdamm mit seinen Hotels und Pensionen nicht nur für Anwohner und lokale Kunden interessant, sondern auch für Touristen. Auch die Nähe zu kulturellen Einrichtungen, zur Deutschen Oper in der Bismarckstraße, zum Schloß Charlottenburg, zu den Museen Berggruen, Scharf-Gerstenberg und Bröhan in der Schloßstraße, zum Fernseh- und Rundfunkstandort (RBB) und zum Kabarett „Die Wühlmäuse“ am Theodor-Heuss-Platz sowie zum Lietzenseepark trägt zur Lebensqualität am Kaiserdamm bei.
Das Fotobuch offenbart dem Betrachter den Kaiserdamm mit seinen Qualitäten, Besonderheiten und Herausforderungen. Die Kaiserdamm Interessengemeinschaft (IG)– ein Zusammenschluss der Geschäfte und Unternehmen - versteht das Buch als Apell, sich weiterhin für den Erhalt und die Weiterentwicklung der einzigartigen Mischung, des besonderen Charmes und der Lebensqualität stark zu machen.
Elke Kleinwächter-Jarnot und Wolfgang Jarnot (1. Vorsitzender Kaiserdamm IG)
Dipl.-Ing. für Architektur und Stadtplanung